Die Wettervorhersage miserabel, auf zwei Apps. Nach Berlin ist es nicht weit. Da fiel der kurzfristige Entschluss, noch etwas früher aufzuhören.
Und zwar morgens um 9.30. Also, da fiel der Entschluss. Es regnete den ganzen Morgen, und die Wetterapps zeigten keine Besserung. Also, Zugfahrt von Berlin nach Frankfurt für morgen gebucht (noch ein Vorteil: Am Samstag von Leipzig gab es nix mehr mit ICE, das wäre eine Regionalverkehrszockelei geworden). Und Hotel gebucht beim Hauptbahnhof. Nachtragen muss ich aber unbedingt noch einen berühmten Sohn der Stadt Brandenburg an der Havel: Vicco von Bülow. Alleine dafür muss man Brandenburg mögen.
Dann erstmal Frühstücken. Und diesmal ein Foto machen, für die Frühstücksadlergruppe. Habe ich ja versäumt die letzten Tage. Also, da isses.
Los fuhr ich im Sonnenschein. Fast fühlte ich mich ein bisschen verhöhnt. Aber egal, die nächsten Regenwolken drohten und ständig hin und her geht auch nicht. Nach einigen Kilometern erreichte ich den Havelradweg. Und der ist klasse. Weitgehend bestens asphaltiert, natürlich autofrei, entlang der Havel. Fast schon traumhaft. Wenn da nicht das ohrenbetäubende Gekreische der Enten und Gänse wäre (man denke sich hier einen Zwinkersmiley).
Langsam wurde es urbaner. In Werder überquerte ich die Havel auf der Eisenbahnbrücke – und musste einen platten Schlauch wechseln. Da war so eine Ex-Bushaltestelle, bot sich an, da sie im Ernstfall überdacht gewesen wäre. Einiges abmontiert, Flaschen aus den Halterungen und mit anderem Krams auf den Bänken zwischengelagert und dann – nicht bestens gelaunt – Mantel von der Felge quälen und Loch im Schlauch suchen. Das fand ich schnell und auch den Verursacher im Mantel. Neuen Schlauch rein. Mantel wieder auf die Felge gequält. Gepumpt. Da hält ein Automobilist an und mault mich an, ich solle doch meinen Krempel mitnehmen. WTF? Fast wäre ich unhöflich geworden…
Weiter ging es nach Potsdam. Auf dem einzig für Fahrräder erlaubten Weg durch den Park Sanssouci, fast am chinesischen Haus vorbeigegurkt und dann das Schloss Sanssouci entdeckt. Und fotografiert.
Die ehemalige Zonengrenze nach West-Berlin überquerte ich auf der Glienicker Brücke, Schauplatz mehrerer Agentenaustausche zwischen DDR und BRD. Heute merkt man nichts mehr von den einstigen fast undurchdringbaren Grenzanlagen.
Danach kam der einzige Berg der Etappe: Entlang der B1 durch den Wald in Wannsee. Ging schon bergauf – aber dafür auch wieder bergab. Und dann durch den Grunewald, entlang der AVUS. Breit ausgebaut, nur für Fußgänger und Radfahrer. Es ging also zügig nach Berlin hinein. Okay, nicht ganz – an der Araltankstelle ganz am Anfang musste ich einen kräftigen Schauer abwarten.
Dann schickte mich komoot über Auerbachstraße, Trebener Straße, Erdener Straße auf die Königsallee. Und irgendetwas klingelte. Neben Fußballstadion „sammle“ ich auch Orte historischer Attentate. Und habe da mal einiges recherchiert, aber wieder halbvergessen. Doch nur halb. An der Einmündung der Erdener Strape in die Königsallee wurde am 24. Juni 1922 der Reichsaußenminister Walther Rathenau ermordet. Rathenau war einer der überzeugtesten Demokraten der jungen Weimarer Republik – und so auf der „Abschussliste“ der rechten Organisation Consul. Mitglieder dieser Organisation hatten schon im Jahr zuvor Matthias Erzberger erschossen, einen Politiker des Zentrums, der den Versailler Friedensvertrag nach dem 1. Weltkrieg unterzeichnete. Schon zu Beginn der Weimarer Republik wurde von links und ganz besonders von rechts an ihren Fundamenten gerüttelt. So schlimm ist es heute bei weitem nicht, doch das, was der Reichskanzler Joseph Wirth im Reichstag anlässlich der Ermordung Rathenaus sagte, gilt heute genauso: „Da steht der Feind, der sein Gift in die Wunden eines Volkes träufelt. Da steht der Feind – und darüber ist kein Zweifel: dieser Feind steht rechts!“
Dann waren es keine 10 km mehr bis zum Hotel am Hauptbahnhof. Eine ganz kleine Stadtrundfahrt auf dem Rad. Kurfürstendamm, Breitscheid-Platz mit Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, Siegessäule, Schloss Bellevue, JVA Moabit, Hauptbahnhof – dann kam das Rad in die Tiefgarage des Hotels und ich in die Dusche.
Und das war es dann. Die Futterfahrt ist zuende. Etwas früher als gedacht, aber irgendwie war es auch sehr herbstlich im August. Ein Fazitblogbeitrag folgt noch, versprochen.
Ach ja, natürlich hat auch Berlin den einen oder anderen berühmten Sohn und auch manch berühmte Tochter. Ich nenne nur zwei Namen: Benny Köhler und Kevin-Prince Boateng.
Maximale Höhe: 80 m
Minimale Höhe: 30 m
Gesamtanstieg: 207 m
Gesamtzeit: 05:52:04
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